Abbrüche im ESF-Programm zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit 2015 – 2019

Das vom Europäischen Sozialfonds (ESF) finanzierte Förderprogramm des Bundes zugunsten langzeitarbeitsloser Leistungsberechtigter lief von 2015 bis 2019. Zum 8.1.2020 liegen neue Daten dafür vor, die nun die Gesamtzeit berücksichtigen. Von Interesse ist die Zahl der Abbrüche.

Spiegelbildlich zum Erfolg eines Programm sind sog. negative Austritte als Misserfolg zu werten. Bei einem positiven vorzeitigen Austritt wechselt beispielsweise ein Teilnehmer in eine ungeförderte Beschäftigung. Negative Austritte liegen vor, wenn sich die Arbeitsmarktposition der Teilnehmenden nach dem Abbruch verschlechtert hat. Dies trifft insbesondere zu, wenn Teilnehmende nach dem Abbruch wieder arbeitslos wurden.

Im Bundesdurchschnitt waren bislang 31,2% der Austritte negative Austritte (als Anteil an allen Austritten; Quelle aller Daten: Bundesverwaltungsamt, 8.1.2020). Das ist ein hoher Wert. Und das, obwohl Teilnehmende und Arbeitgeber ein Coaching bekommen haben.

Die Negativ-Quote streut zwischen den Bundesländern stark (aber auch in den Bundesländern). Der niedrigste Anteil an negativen Austritten liegt bei 23,1 % in Hessen (in Waldeck-Frankenberg 4,4 %; gefolgt von Sachsen mit 27,6 %), der Höchste bei 46 % in Hamburg (gefolgt von Bremen mit 38,3% und hier vor allem wegen Bremerhaven). Die Hamburger Abbruchquote ist demnach doppelt so hoch wie die in Hessen.

Für die „Abbrüche“-Teilnehmenden hat die Politik zum Programmende keine Anschlußinstrumente im Rechtskreis SGB II vorgesehen; allerdings wurden in 2019 die Übergangsregelungen gelockert.

Die hohe Abbruchquote geht in drei von vier Fällen (bundesweiter Durchschnitt 74,6 %) auf den Abbruch seitens der Arbeitgeber zurück. Vor allem in Hamburg (93,1 %) und Bremen (85,5 %) haben Arbeitgeber gekündigt. Fast 30 Prozentpunkte weniger waren es im Saarland (64,3 %) und Schleswig-Holstein (66,9 %).

Der hohe Arbeitgeber-Anteil bei den Kündigungen könnte darauf verweisen, dass die Teilnehmenden die Erwartungen nicht so gut erfüllt haben wie bei der Platzbesetzung gedacht oder dass leistungsschwächere Leistungsberechtigte in das Programm aufgenommen wurden.

Der Zusammenhang zwischen Arbeitgeber-Anteil von Kündigungen und Anteil negativer Austritte je Bundesland ist positiv, aber nicht sehr stark.

Es stellt sich weiter die Frage, welche Einflüsse das matching von Person und Stelle (Betriebsakquisiteur/in) und das Coaching (Coaches) haben.

Der Statistik nach gibt es auf Ebene der Bundesländer keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Umfang des Coachings pro Teilnehmenden und Anteil negativer Austritte. Der beobachtete Coaching-Umfang ist möglicherweise ohne Einfluss auf die Beschäftigungsdauer und die Vermeidung von negativen Abbrüchen. Vielleicht wären dafür mehr Coaching-Stunden oder andere Rahmenbedingungen besser gewesen. Matching und Coaching sind hier vielleicht notwendig, aber nicht hinreichend. Dies zu beachten ist vor allem deshalb wichtig, weil wesentliche Elemente des Bundesprogramms in das Teilhabechancengesetz übernommen wurden.

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