Sorgen und Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt von Flüchtlingen

Nach 2014 ist die Zahl der Flüchtlinge deutlich gestiegen. Da der Flüchtlingsstatus bis zum ersten Halbjahr 2016 nicht eindeutig erhoben wurde, hat die Statistik der Bundesagentur für Arbeit Daten zusammengestellt, die sich z. B. auf Arbeitslose aus den typischen Herkunftsstaaten von Flüchtlingen beziehen. Die so ausgewiesenen Personen können Flüchtlinge sein, müssen es aber nicht.

Nach anfänglichen Erwartungen in 2015, dass auch höher qualifizierte Flüchtlinge in einem nennenswerten Umfang nach Deutschland kommen, hat sich in 2016 Skepsis dazu breitgemacht. Eher ist zu erwarten, dass Flüchtlinge stärker als schon länger in Deutschland anwesende Personen mit Migrationshintergrund bzw. aus anderen Ländern auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt sind. Dieser Annahme wird im Folgenden nachgegangen.

Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland 2014“ ist eine Vergleichsstudie von TNS Infratest Politikforschung im Auftrag des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung.

Die Grundgesamtheit sind Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland ab 18 Jahren. Es handelt sich um eine repräsentative Zufallsauswahl aus onomastischer Stichprobe. Im Erhebungszeitraum vom 2. Juni bis 2. August 2014 wurden mit Computergestützte Telefoninterviews 2.001 Personen befragt. Die Grundgesamtheit der Studie besteht aus den Migrantengruppen, die am stärksten in Deutschland vertreten sind. Damit das Gesamtergebnis für die Grundgesamtheit der ausgewählten Migrantengruppen repräsentativ ist, wurden mittels Gewichtung Disproportionalitäten im Anschluss an die Befragung wieder ausgeglichen. Deshalb kommen bei der Zahl der Befragten auch Zahlen mit Nachkommastellen vor.

Die Studiendaten können nach den typischen Herkunftsländern von Flüchtlingen (n =211) ausgewertet werden. Dazu wurden die Personen, die älter als 65 Jahre sind von der Auswertung ausgeschlossen, um nur Personen im erwerbsfähigen Alter in die Auswertung einzubeziehen.

Bei der Frage nach dem Gefühl der Benachteiligung bei einer Bewerbung um einen Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz wurden bei mehr als 23,7% zumindest gelegentlich eine Benachteiligung genannt. Bei Personen aus Syrien liegt der Anteil mit 54,8% und bei jenen aus dem Iran mit 45,71% höher. Andererseits sehen sich Menschen aus Afghanistan oder dem Irak nur selten oder nicht benachteiligt. Zum Vergleich für Personen aus der Türkei: 21,3%.UdSSR.

Gefühl der Benachteiligung: Bei einer Bewerbung um einen Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz

Gefühl der Benachteiligung bei einer Bewerbung um einen Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz nach Asylherkunftsländern

Gefühl der Benachteiligung bei einer Bewerbung um einen Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz

Gefühl der Benachteiligung bei einer Bewerbung um einen Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz nach Asylherkunftsländern

Bei der Frage nach der Sorge, dass es schwierig ist, eine Arbeit zu finden, sehen die Migrantinnen und Migranten mit 55,39% überwiegend eher Sorgen. Bei Personen aus Afghanistan, dem Irak und Syrien sind die entsprechenden Anteile geringer. Deutlich mehr Sorgen machen sich Personen aus Bosnien (64,74%), Serbien (67,04%) und aus der Russischen Föderation (71,52%). Zum Vergleich für Personen aus der Türkei: 37,76%.

Sorgen, dass es schwierig ist, eine Arbeit zu finden nach Asylherkunftsländern

Sorgen, dass es schwierig ist, eine Arbeit zu finden nach Asylherkunftsländern

Sorgen, dass es schwierig ist, eine Arbeit zu finden

Sorgen, dass es schwierig ist, eine Arbeit zu finden nach Asylherkunftsländern

 

Dichotomisiert man die Sorgen und Benachteiligungsgefühle dann zeigt sich, dass für alle befragten zwischen beiden Themen ein signifikanter Zusammenhang besteht (Chi-Quadrat 56.77 (1), p = .000). Er ist aber nicht besonders stark (Kontingenzkoeffizient CC = .257). Dieser Zusammenhang ist allerdings nicht signifikant für die Asylherkunftsländer. Und lediglich für Syrien wäre der Zusammenhang mittel stark (CC = 0.37). Bei den türkischen Befragten ist der Zusammenhang von Sorgen und Benachteiligungsgefühlen signifikant (Chi-Quadrat 6,06 (1); p = 0.014), wenn auch schwach (CC = 0.14). Von ihnen wird häufiger eine Benachteiligung bei der Bewerbung um Arbeit oder Ausbildung berichtet, wenn sie über Erfahrungen mit der Agentur für Arbeit verfügen (Chi-Quadrat 14.85 (1); p = .000; CC = .24).

Die Erklärung kann möglicherweise darin liegen, dass im Befragungsjahr der Arbeitsmarktzugang noch sehr stark beschränkt war. Auch spielt keine Rolle, ob die Befragten aus den Asylherkunftsländern Erfahrungen mit der Agentur für Arbeit gemacht haben oder nicht. Leider haben von den Befragten aus den Asylherkunftsländern nur zu 63% eine Angabe zu ihrer Aufenthaltserlaubnis gemacht. Unter ihnen waren rund 92,5% mit einer unbefristeteten Arbeitserlaubnis oder einer die an die Zwecke der Erwerbstätigkeit oder Ausbildung gekoppelt war. Keine Person hatte eine befristete Aufenthaltserlaubnis aus völkerrechtlichen, politischen, humanen Gründen oder Duldung angegeben. Es gibt eine Vielzahl von Aufenthaltstiteln für Ausländer (über 70), die unterschiedliche Auswirkungen auf den Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Diese Unüersichtlichkeit führt zum einen dazu, dass die Betroffenen oft nicht genau ihre genaue Aufenthaltstitel kennen und in Umfragen korrekt angeben können. Im Ergebnis behilft sich beispielsweise die Bundesagentur für Arbeit damit, Asylbewerber typischen Asylbewerberherkunftsländern zuzuordnen, ohne dass der Aufenthaltstitel bekannt ist.

Deshalb würde sich ein Zusammenhang vermutlich erst zeigen, wenn wenn die fehlenden Angaben beim Aufenthaltstitel vorhanden wären bzw. diese Restriktionen fallen.

Fazit

  1. Rund der jeder vierte Befragte aus den Asylherkunftsländern hat ein zumindest gelegentliches Gefühl der Benachteiligung bei einer Bewerbung um einen Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz berichtet. Innerhalb der Asylherkunftsländer gibt es allerdings eine breite Streuung. Hauptbetroffene sind Menschen aus Syrien.

  2. Deutlich häufiger, rund jede zweite Befragte Person (55,4%) äußert die Sorge, dass es schwierig ist, eine Arbeit zu finden. Häufiger machen sich u. a. Personen aus Serbien (67%) und aus der Russischen Föderation (71,5%) Sorgen. Auch hier gibt es breite Streuung.

  3. Während sich für alle Migrantinnen und Migranten ein signifikanter, wenn auch nicht besonders starker Zusammenhang zwischen Arbeitsmarkt-Sorgen und Benachteiligungsgefühlen zeigt, so ist er für die Asylherkunftsländer nicht signifikant.

  4. Aufgrund zahlreicher fehlender Angaben kann nicht geprüft werden, wie sich der Aufenthaltstitel auswirkt. Inwieweit Flüchtlinge (anerkannt, geduldet, Bewerberstatus) auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt werden, kann erst gezeigt werden, wenn die Aufenthaltstitel erfasst sind und die entsprechenden Daten für Auswertungen verfügbar sind.

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