Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit

Quelle der Daten: Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2022, BIBB; eigene Darstellung

Die Bundesregierung hat einen Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit erstellt. Die darin vorgesehenen Änderungen und Neuerung für die Stärkung der Aus- und Weiterbildung wurden im Koalitionsvertrag angekündigt. Sie werden überwiegend im SGB III (Arbeitsförderung) geregelt, finden teilweise aber auch Anwendung im SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende).

Elemente des Gesetzes

(Referentenentwurf Stand: 16.12.2022)

  • Reform der Weiterbildungsförderung Beschäftigter nach § 82 SGB III
    • Es wird auf die Fördervoraussetzungen „Betroffenheit der Tätigkeit vom Strukturwandel“ oder „Weiterbildung in einem Engpassberuf“ verzichtet
    • feste Fördersätze und weniger Förderkombinationen
  • Einführung eines Qualifizierungsgeldes
    • Fördervoraussetzungen des Qualifizierungsgeldes sind ein strukturwandelbedingter Qualifizierungsbedarf eines nicht unerheblichen Teils der Belegschaft und eine entsprechende Betriebsvereinbarung oder ein entsprechender betriebsbezogener Tarifvertrag.
    • Das Qualifizierungsgeld wird als Entgeltersatz in Höhe von 60 beziehungsweise 67 % des Nettoentgeltes gewährt.
  • Einführung einer Bildungszeit und Bildungsteilzeit
    • Die Bildungs(teil)zeit wird von den Beschäftigten selbst initiiert.
    • Die (teilweise) Freistellung von der Arbeitszeit bedarf einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten.
    • Während der Bildungs(teil)zeit sichert eine Entgeltersatzleistung (= Bildungszeitgeld) den Lebensunterhalt.
  • Einführung einer Ausbildungsgarantie
    • Zielgruppe: junge Menschen, die nicht über einen Berufsabschluss verfügen
    • Modifizierung der Einstiegsqualifizerung
  • Berufsorientierungspraktikum
    • Dabei handelt es sich um kurze betriebliche Praktika, die die berufliche Orientierung junger Menschen stärken sollen. Eingeschlossen ist die Neuausrichtung nach einem abgebrochenem Studium oder abgebrochener Berufsausbildung. Ziel ist die Aufnahme einer betrieblichen Berufsausbildung.
    • Um einen Anreiz für die Aufnahme einer Ausbildung in einer anderen Region jenseits des Tagespendelbereichs zu schaffen, wird ein Mobilitätszuschuss eingeführt.
  • Verlängerung der Erstattungen bei beruflicher Weiterbildung während Kurzarbeit

Vorläufige Bewertung

Der Referentenentwurf verspricht mehrere Verbesserungen der Förderung der Aus- und Weiterbildung.

Er verzichtet allerdings weitgehend auf eine Analyse der bisherigen Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt (Beispiel: wieso greifen die bisherigen Möglichkeiten für Praktika und der Weiterbildungsförderung nicht gut genug?). So bleiben bedeutsame Einflussfaktoren außer Betracht, die die Zielerreichung erschweren:

  • Benachteiligung beim Bildungserwerb aufgrund sozialer Herkunft (PISA-Ergebnisse)
  • hohe Abbruchquote bzw. vorzeitige Auflösungen von Ausbildungsverträgen
  • geringe Tarifbindung von Unternehmen und damit geringe Wirkung von Weiterbildungsregelungen in Tarifverträgen
  • geringe Neigung von KMU ihre Beschäftigungen bei der Weiterbildung zu fördern
  • Ausbildungsvergütungen, die nicht ausreichend sind, um nach einem Umzug einen eigenen Haushalt zuführen
  • eingeschränktes Förderinstrumentarium der Jobcenter, die auf Bürgergeld-Berechtigte zugeschnitten sind
  • zu niedrige Kostensätze, die Trägern für die Förderung der beruflichen Weiterbildung erstattet werden, um eine hochwertige Weiterbildung anzubieten

Der Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit sollte an diesen Stellen nachgebessert werden.

  • So könnte beispielsweise statt einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten als Voraussetzung für die Freistellung von der Arbeitszeit ein Rechtsanspruch den Eintritt in eine Weiterbildung erleichtern.
  • Die Höhe des Mobilitätszuschusses richtet sich nach den erforderlichen Fahrkosten für eine (1; sic!) monatliche Familienheimfahrt im ersten Ausbildungsjahr. Damit ein Umzug realistisch wird, sollte der Zuschuss für 16-/17-Jährige höher ausfallen.
  • Es sollten bei geringqualifizierten oder geringverdienenden Personen auch die Förderung der Ausstattung ermöglicht werden, damit diese an digitalen Formaten teilnehmen können.

Schließlich stellt sich die Frage, inwieweit die Unternehmen, die von der verbesserten Aus- und Weiterbildung profitieren, an den Kosten beteiligt werden könnten.

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