Teilhabe am Arbeitsmarkt und vorzeitige Austritte

„Teilhabe am Arbeitsmarkt“ (§ 16i SGB II) soll als Instrument des sog. Teilhabechancengesetzes seit 1.1.2019 die Teilhabe von Langzeitleistungsbeziehenden fördern (siehe auch hier). Dabei geht es um Personen, die in der Regel innerhalb der letzten sieben Jahre sechs Jahre Arbeitslosengeld II bezogen haben, unabhängig davon, ob sie arbeitslos waren oder nicht.

Für dieses Instrument sind bisher nur wenige Daten zu den Teilnahmedauern und den (vorzeitigen) Austritten veröffentlicht gewesen. Für 2020 und 2019 – die ersten beiden Jahre seit Gesetzesgültigkeit – gibt es nun erste Austritts-Daten zur Orientierung. Diese werden im Folgenden zusammengefasst präsentiert.

Eintritte, Austritte, Bestand

Bis zum Dezember 2020 gab es insgesamt 56.398 Eintritte und 13.509 Austritte, was einem Anteil von 23,95% bezogen auf den Bestand von 42.889 entspricht (ausführlicher siehe hier).

Vorzeitige Austritte

Ein vorzeitiges Ende meint eine Ende vor der geplanten Teilnahmedauer. Es kann sowohl positiv sein, wenn die geförderte Person eine ungeförderte Beschäftigung aufnimmt, als auch negativ, wenn der geförderten Person beispielsweise gekündigt wird und danach arbeitslos ist. Unter den Austritten waren 6.837 vorzeitig, was etwa die Hälfte (50,61 %) der Austritte ausmacht. Bezogen auf die Eintritte liegt der Anteil der vorzeitigen Austritte bei 12,1 %.

Die monatliche Entwicklung der vorzeitigen Austritte folgt mehr oder weniger dem Bestand (mit einem monatsdurchschnittlichen Anteil von 1 %). Eine auffällige Ausnahme stellt 2021 dar. Hierfür gibt es einen Jahresfortschrittswert für Februar 2021 in Höhe von 2.050. Verteilt man annäherungsweise diesen Betrag gleichmäßig auf den Januar und Februar, dann ergibt sich ein Sprung am Jahreswechsel 2020/2021 von 372 vorzeitigen Austritten im Dezember 2020 auf 1.025 im Januar 2021. Der Wert beträgt fast das 2,5fache des Durchschnitts von 2019 und 2020. Der Höchstwert in beiden Jahren lag bislang bei 444 im April und 424 im März 2020 (in dem sich die politisch angeordneten Einschränkungen in der Pandemie erstmals bemerkbar machten).

Quelle der Daten: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Verbleibsgründe bei vorzeitigen Austritten

Für die gemeinsamen Einrichtungen unter den Jobcenter (Bundesagentur für Arbeit und Kreis verantworten das Jobcenter gemeinsam) liegen außerdem die Verbleibsgründe vor. Das sind etwa drei Viertel der Jobcenter. Bei ihnen wurden 6.239 vorzeitige Austritte gezählt. Hauptgrund für das vorzeitige Ende sind die Kündigungen durch Arbeitgeber: fast die Hälfte (45,5 %) entfallen auf diesen Grund. Der nächst häufigste Grund sind Kündigungen durch Arbeitnehmende mit 12,3 %. Diese Gründe haben einen vergleichbaren Anteil wie bei der Eingliederung von Langzeitarbeitslosen nach §16e SGB (s. hier). Positive Gründe für das vorzeitige Ende wie die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Ausbildungen machen 3,8 % aus (das schließt nicht aus, dass es Beschäftigungsaufnahmen bei einem regulären Austritt gibt).

Quelle der Daten: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Vorläufiges Fazit

In den meisten Fällen (rund 96 %) liegt ein negativer Grund für den vorzeitigen Austritt vor und hier am häufigsten die Kündigung durch den Arbeitgeber.

Dabei stellt sich wie bereits beim ESF-Langzeitarbeitslosen-Programm oder bei der Eingliederung von Langzeitarbeitslosen nach §16e SGB die Frage, wie wirksam dabei das Coaching war, das sowohl Arbeitgeber wie Arbeitnehmer unterstützen und negative Maßnahmeabbrüche vermeiden soll. Außerdem sind die Kriterien und der Prozess der Auswahl der Teilnehmenden und vor allem der Arbeitgeber in den Jobcentern zu hinterfragen. Die Geförderten werden den Arbeitgebern zugewiesen, sodass die Jobcenter hier eine besondere Verantwortung tragen.

Dieser Beitrag wurde unter Arbeitsmarkt, SGB II, Soziale Teilhabe, Teilhabechancengesetz abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.