Teilhabe am Arbeitsmarkt am Maximum?

„Teilhabe am Arbeitsmarkt“ (§ 16i SGB II) soll als Instrument des sog. Teilhabechancengesetzes seit 1.1.2019 die Teilhabe von Langzeitleistungsbeziehenden fördern (siehe auch hier). Dabei geht es um Personen, die in der Regel innerhalb der letzten sieben Jahre sechs Jahre Arbeitslosengeld II bezogen haben, unabhängig davon, ob sie arbeitslos waren oder nicht.

Im April 2021 waren 42.077 Förderfälle im Bestand (Zahl vorläufig; Quelle der Zahlen: Statistik der Bundesagentur für Arbeit), die Zahl der Eintritte lag bei 763.

Der anfänglich schnelle Anstieg der Fallzahlen, lag auch daran, dass Teilnehmende aus vorangegangenen Förderprogramm mit §16 i SGB II weiter gefördert werden konnten.

Seit August 2019 (wenn man von den Ausnahmen August und September 2019 absieht, sogar seit April 2019) gehen die monatlichen Zugänge bei der Teilhabe am Arbeitsmarkt im Trend zurück (siehe auch hier und hier). Diese Entwicklung hat bereits deutlich vor Beginn der Corona-Pandemie eingesetzt. Dieser Hinweis ist wichtig, damit nicht mit der Begründung „Pandemie“ auf die Analyse der Probleme des Instruments vezichtet wird.

Seit Dezember 2020 gehen zudem die Bestandszahlen zurück – allerdings sind diese Daten vorläufig, sodass sich schließlich noch eine Steigerung gegenüber dem Februar 2020 ergeben kann.

Quelle der Daten: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Der zeitweise Rücknahme von Pandemie-bedingten Einschränkungen hat sich beim Teilhabechancengesetz nicht wesentlich ausgewirkt. Solange zahlreiche Arbeitgeber Kurzarbeit nutzen (s. hier), werden sie eher nicht Langzeitarbeitslose und Langzeitleistungsberechtigte einstellen.

Bislang sind rund 59.700 Personen gefördert worden. Die Zahl der Austritte bzw. des Förderendes beträgt rund 17.600, was etwa 29,5 Prozent entspricht. Das Förderende mit einer ngativen Auswirkung auf den Bestand kann im übrigen auch dadurch entstehen, dass geförderte Arbeitsverträge von den Arbeitgebern nicht verlängert wurden.

In der Corona-Krise zeigt sich nun auch ein bereits im Gesetzgebungsverfahren festgestellter Mangel: die Arbeitsverhältnisse nach § 16i SGB II – Teilhabe am Arbeitsmarkt – sind nicht arbeitslosenversicherungspflichtig. Deshalb kann für diese Beschäftigten keine Kurzarbeit beantragt werden. Dies wäre sicherlich für Arbeitgeber ein Anreiz, auch in Krisenzeiten öffentlich-geförderte Beschäftigung zu nutzen.

Der Entwurf zum 11. Änderungsgesetz zum SGB II, hat für dieses Instrument keine Änderungen vorgesehen. Eine Änderung des SGB II ist vor der Bundestagswahl im September 2021 eher unwahrscheinlich. Erleichterungen könnten untergesetzlich erfolgen. So könnte kurzfristig der Bund beispielsweise die Ausübung einer längeren und geringen Minijob-Tätigkeit als unschädlich für die Förderung nach § 16i SGB II einräumen.

Das Recht auf Teilhabe – wie es auch gesetzlich abgesichert ist – darf nicht dauerhaft eingeschränkt werden, auch nicht in Zeiten von Krisen. Die vorhandenen Rechtsgrundlagen und Konzepte zur Teilhabe müssen entsprechend angepasst und krisentauglich werden.

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