Überbelegung von Wohnungen im lock down

Überbelegung von Wohnung ist kein neues Thema. Die Mietkosten steigen, bezahlbare und verfügbare Wohnungen für Familien sind kaum auf dem Markt zu finden, insbesondere in Großstädten. Steigende Mieten gehören zu den Treibern sozialer Ungleichheit. In der Sars-Co-V2-Krise bekommt das Thema der Überbelegung eine zugespitzte Problematik. Denn durch die Kontakteinschränkungen halten sich die Menschen mehr als sonst in ihren Wohnungen auf – das ist auch der Wunsch der Regierung. Für die, die genügend Platz haben, ist das ohne schlimme Folgen möglich. Anders ist es für Menschen, die in überbelegten Wohnungen leben. Für sie wirken sich die Kontakteinschränkungen besonders hart aus, vor allem wenn sie in Quarantäne sind. Insofern trifft die Pandemie nicht alle Haushalte gleich.

Wie ist die Wohnsituation?

Zunächst soll beschrieben werden, was unter einer Überbelegung zu verstehen ist.

Die Überbelegungsquote ist definiert als prozentualer Anteil der Bevölkerung, der in überbelegten Haushalten lebt. Das ist die Defintion der EU-Statistik, die auch so vom Statistischen Bundesamt genutzt wird. Konkret heißt das:

Eine Person wird dann als in einem überbelegten Haushalt lebend gezählt, wenn dem Haushalt nicht eine entsprechende Mindestzahl von Räumen zur Verfügung steht, die sich wie folgt bemisst:

  • ein Raum pro Haushalt,
  • ein Raum pro Paar, das in dem Haushalt lebt,
  • ein Raum pro Person ab 18 Jahre,
  • ein Raum für zwei Personen desselben Geschlechts im Alter zwischen 12 und 17 Jahren,
  • ein Raum pro Person zwischen 12 und 17 Jahren, die nicht der vorhergehenden Kategorie zuzuordnen ist,
  • ein Raum für zwei Kinder unter 12 Jahren.

Die zuletzt verfügbaren Überbelegungsquoten sind aus dem Jahr 2019, die sicherlich auch für das Pandemie-Jahr 2020 in großem Umfang noch gültig sein werden.

Im Jahr 2019 lebten 6,4 Mio. Menschen in Deutschland in überbelegten Wohnungen. Die Überbelegungsquote beträgt deutschlandweit 7,8%. Allerdings gibt es große Unterschiede nach Haushaltstyp und Wohnort.

Quelle der Daten: Eurostat – EU-SILC

In großen Städten ist die Überbelegungsquote von 12,7 % mehr als drei Mal so hoch wie im ländlichen Raum (4 %).

Nach Haushaltstypen betrachtet leben Paare mit drei und mehr Kindern (20,1 %) sowie Alleinerziehende (19 %) besonders oft auf zu engem Raum. Das heißt auch, dass besonders Kinder die Leidtragenden sind. Aber auch Singles sind mit 11,9 % häufig betroffen.

Am stärksten wirkt sich – für Deutschland wenig überraschend – das Einkommen eines Haushalts auf die Größe der Wohnung aus. Denn am meisten betroffen sind Armutsgefährdete (< 60% des Medianeinkommens) mit 20,5 %.

Beengte Wohnverhältnisse führen häufig zu psychischem Druck. Streitigkeiten können die Haushaltsmitglieder buchstäblich nicht aus dem Weg gehen. Bewegungsmangel wird noch verstärkt. Enge Wohnungsverhältnisse sind auch für das Lernen für Schule, in der Ausbildung oder Fort- und Weiterbildung nicht förderlich. Wenn beispielsweise drei Kinder gleichzeitig im home-schooling sind, so werden sie mehrfach benachteiligt.

Angesichts dieser Beengtheit von Wohnungen sollte kurzfristig aktiver als bisher außerhäusliche Möglichkeiten für solche Haushalte während der Pandemie ermöglicht werden (z. B. Mit Aktuell nicht genutzten Hallen, Sportplätze usw.). Die Regelung der Kontakteinschränkungen sollten entsprechend angepasst und verhältnismäßig werden. So sollte für die Kinder zügig Spielplätze geöffnet werden. Für benachteiligte Haushalte sollte eine aufsuchende Unterstützung von Fachkräften angeboten werden, die mit Kindern und Eltern Möglichkeiten entwickeln, zur

  • Erhöhung des Handlungsspielraums in der Wohnung,
  • Erhöhung des Wohlbefindens in der Wohnumgebung,
  • Erhöhung des Wohlbefindens in der Familie,

sofern diese nicht selbst dazu in Lage sind, damit verbundene Handlungsoptionen umzusetzen.

Langfristig sollte die Wohnbaupolitik günstigen Wohnraum bereitstellen und auf eine Reduktion der beengten Wohnverhältnisse zielen. Kommunen sollten geeignete Wohnungen aufkaufen und zu zahlbaren Preisen vermieten.

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