Aktuelle Entwicklung der Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung

In den Medien wird vorzugsweise die Zahl der Arbeitslosen (gem. § 16 SGB III) bzw. die Arbeitslosenquote zur Darstellung der Arbeitsmarktsituation herangezogen. Diese Indikatoren haben spätestens seit Einführung des SGB II (sog. „Hartz IV“) an Aussagekraft für eine Interpretation der Arbeitsmarktdynamik verloren, zumindest wenn man planerisch etwas gegen Arbeitslosigkeit tun möchte. Gründe sind die veränderten Definitionen und Zählweisen.

Aussagekräftiger als die Arbeitslosigkeit ist das Maß der Unterbeschäftigung – als absolute Zahl oder als Quote. In der Unterbeschäftigung werden zusätzlich zu den registrierten Arbeitslosen auch die Personen erfasst, die nicht als arbeitslos im Sinne des SGB gelten, weil sie Teilnehmer an einer Maßnahme der Arbeitsmarktpolitik oder in einem arbeitsmarktbedingten Sonderstatus sind.

Nach Angaben der Statistik der Bundesagentur für Arbeit wird mit dem Konzept der Unterbeschäftigung zweierlei geleistet:
(1) Es wird ein möglichst umfassendes Bild vom Defizit an regulärer Beschäftigung in einer Volkswirtschaft gegeben.
(2) Realwirtschaftliche (insbesondere konjunkturell) bedingte Einflüsse auf den Arbeitsmarkt können besser erkannt werden, weil der Einsatz entlastender Arbeitsmarktpolitik zwar die Arbeitslosigkeit, nicht aber die Unterbeschäftigung verändert.

Im Juli 2020 (letztverfügbare Zahl) waren 2,91 Mio. Arbeitslose registriert, aber 5,29 Mio. unterbeschäftigte Personen (unter Einschluß der KurzarbeiterInnen). Die Unterbeschäftigung ist ist also 1,8fach so hoch wie die Arbeitslosigkeit.

Quelle: Daten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit; eigene Darstellung

Seit 2016 bis Februar 2020 war die Unterbeschäftigung durchschnittlich 1,5fach so hoch wie die Arbeitslosigkeit. Der Wert stieg dann bis April 2020 auf das 2,4fache.

Der minimale Rückgang der Arbeitslosigkeit seit Juli 2020 zeigt insofern keine Trendwende am Arbeitsmarkt. Im Gegenteil: der große Umfang der Unterbeschäftigung zeigt weiteren arbeitsmarktpolitischen Handlungsbedarf ab. Eine Konzentration auf das Instrument Kurzarbeitergeld – übrigens aus Beiträgen der Sozialversicherung finanziert – dämpft den Anstieg der Arbeitslosenzahlen, verbessert aber dadurch nicht die Arbeitsmarktsituation.

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